Von Pilzen inspirierte Kunst mit Echtzeitbeleuchtung erhellt das Burning Man Festival

26. November 2024
Der Burning Man, der jedes Jahr in der abgelegenen Black Rock-Wüste in Nevada stattfindet, ist die Verkörperung der Gegenkultur – einer der wenigen Orte, eines der wenigen Male, an denen man wirklich aus der Gesellschaft heraustreten und in eine neu gestaltete Welt eintreten kann. 

Bei diesem Wüstentreffen für Bohemiens und Freigeister aller Couleur bildete die Kunst schon immer den Mittelpunkt des Festivals.

Die Veranstaltung bietet eine große Bandbreite großformatiger Kunstinstallationen – darunter experimentelle und interaktive Skulpturen, Gebäude und Kunstautos –, die alle auf einem von den Organisatoren gewählten Thema basieren.

Das diesjährige Thema war "Curious and Curiouser" und ein Kunstkollektiv, das diesen Hinweis definitiv verstanden hat, ist Understory.
Ihre Installation Nebula Shroom Grove ist eine visuelle Interpretation eines Pilzwaldes, der mit einem nebelartigen Ökosystem verflochten ist. Sie ist aus miteinander verbundenen Modulen zusammengesetzt, die in unterschiedlichen Höhen installiert sind. 

In diesem Artikel erklärt Silvia Rueda, ausgebildete Architektin und Spezialistin für immersive Medien, wie das Team die Unreal Engine und Twinmotion verwendete, um "Nebula Shroom Grove" zu entwerfen – und wie zum ersten Mal ein Team von Kolumbianerinnen ihr Land und ihre Kunstwerke beim Burning Man repräsentierte.

Die Einsamkeit der Pilze

Teils Kunstinstallation, teils Architektur: "Nebula Shroom Grove" wurde von einem geflügelten Wort Kolumbiens inspiriert, einem Satz, den Rueda in ihrer Kindheit oft vernahm: "Einsam zu sein bedeutet, wie ein Pilz zu sein."

Es ist ein Thema, das in den drei Kolumbianerinnen, die das Understory Collective bilden, auf besondere Weise widerhallt. "Für unser Team war es die Auswanderung, das Outing, die erste Mutterschaft – Einsamkeit hat viele Gesichter", betont Rueda.

Das Team wollte diese oft unausgesprochene Einsamkeit thematisieren und eine Skulptur schaffen, die Menschen zusammenbringt, um über diese Themen zu sprechen. Als einsame Wesen, die unter der Oberfläche tief miteinander verbunden sind, erwiesen sich Pilze als das perfekte Symbol, um das Gespräch zu beginnen. 

"Wir haben mit einem Pilz angefangen und diesem dann die Gesellschaft von anderen Pilzen zur Seite gestellt, indem wir unsere Pilze gruppiert haben", so Rueda. "So erschufen wir einen Wald voller Pilze unterschiedlicher Größen und Maßstäbe, welche die Nacht erleuchten."
 
Mit freundlicher Genehmigung von Kristina Chan
Nachdem ihr ursprünglicher Vorschlag drei Jahren zuvor vom Burning Man abgelehnt worden war – "Wir hatten einen riesigen Tempel vorgeschlagen, der sowohl Budgets als auch Maßstäbe sprengte" –, verwendete Rueda das Design für ihr Projekt im Rahmen der Unreal Engine Worldbuilding Fellowship im Jahr 2023 erneut und erfand die pilzartige Skulptur in einer surrealen, Dalí-esken Sumpfszene neu. 

Die Leute liebten es. Angespornt durch den Wunsch, ein virtuelles oder immersives Erlebnis zu schaffen, inspirierte eine Reise zum Burning Man Rueda, das Konzept noch weiter zu verbessern: Die Idee sollte in die physische Welt übertragen werden.

Dank eines überarbeiteten Designs und kleineren Maßstabs war ein zweiter Antrag auf ein Kunststipendium aus dem Black Rock City Honoraria Program des Burning Man erfolgreich. 

Nach der anfänglichen Euphorie über die E-Mail mit der Zusage folgte große Sorge. Das Team bestand aus Designerinnen, die bestens damit vertraut waren, Inhalte in der virtuellen Welt zu erstellen. Jetzt mussten sie zum ersten Mal einen Weg finden, diese Entwürfe in der realen Welt umzusetzen. 

Unreal Engine und Twinmotion für schnelle Visualisierung

Das Team begann mit Rhino und erstellte ein einfaches Modell des Pilzes, das auf Ruedas ursprünglichem Konzept basierte.

Sie verfrachteten dieses Design in Twinmotion und die Unreal Engine, um es zu visualisieren und den Maßstab des Modells in der frühen Konzeptphase zu verstehen. "Wir mussten sehen, ob es den von mir erstellten Renderings ähnelte", sagt Rueda. "Und das war natürlich nicht der Fall."

Das Design wurde danach mit Grasshopper in ein parametrisches Modell verschoben. Durch parametrische Modellierung lässt sich die Designabsicht mithilfe von Funktionen und Beschränkungen erfassen, wodurch sich wiederkehrende Änderungen, wie sie etwa bei Produktfamilien vorkommen, leichter automatisieren lassen. Damit wird auch eine Dokumentation für die digitale Fabrikation erstellt und so die Lücke zwischen dem digitalen Modell und dem physischen Konstruktionsprozess geschlossen.
 
Mit freundlicher Genehmigung von NSG Milling
Mit freundlicher Genehmigung von Silvia Rueda
"Zu diesem Zeitpunkt wussten wir nicht genau, welche Größe oder Dicke das Holz hatte oder wie genau das System aufgebaut war", erinnert sich Rueda. "Wir mussten in der Lage sein, es schnell zu ändern – und es gibt 32 Pilze, also war das unmöglich manuell zu bewerkstelligen."

Anhand des parametrischen Modells konnte das Team die Materialparameter anpassen, die für die Erstellung der physischen Struktur verwendet werden sollten, bis hin zur Platzierung der Schraubenlöcher. 

Rueda war in der Lage, das Modell rasch zwischen Rhino, Twinmotion und Unreal Engine zu wechseln, um Optimierungen und Anpassungen vorzunehmen, die darauf fußten, wie das Modell in einer realen Umgebung aussehen würde. 

Durch die Verwendung von Direct Link mit Datasmith wurden in Rhino vorgenommene Änderungen sofort sowohl in Twinmotion als auch in der Unreal Engine widergespiegelt. "Das ist fantastisch, denn sämtliche Materialien, die der Geometrie in der Epic-Software zugewiesen werden, stimmen automatisch mit dem Modell überein", erklärt Rueda. "Selbst wenn wir die Form in Rhino ändern und erneut mit Datasmith synchronisieren, wird die aktualisierte Geometrie sowohl in Twinmotion als auch in Unreal korrekt visualisiert."

Beleuchtung für eine Wüstenumgebung

Das Team erstellte in der Unreal Engine eine virtuelle Wüste, um die Umgebung, in der sich die physische Installation befinden sollte, akkurat nachzubilden. "Für uns war es von zentraler Bedeutung, dass unser Kunstwerk nachts interaktiv ist", sagt Rueda. "Das Beleuchtungssystem war also ein Schlüsselfaktor für unsere Pilze."
Mit freundlicher Genehmigung von Kristina Chan
Das Team verwendete das DMX-Plugin in der Unreal Engine, um die Auswirkungen verschiedener Tageszeiten auf die Beleuchtung auszuprobieren und zu untersuchen, wie das Beleuchtungssystem mit der Umgebung interagieren würde. "Je mehr Geräusche die Skulptur hört, desto mehr tanzende Lichter sieht man", erklärt Rueda.

So konnte das Team prüfen, wie dies in einer Reihe möglicher Szenarien ablaufen würde — wenn beispielsweise ein Kunstfahrzeug vorfahren und ein DJ Musik auflegen würde, wie würde die Beleuchtung der Skulptur reagieren? 

Durch die Visualisierung konnten sie nicht nur eine Vielzahl möglicher Situationen wie diese berücksichtigen, sondern auch die Kosten für die Lieferung und Montage des Beleuchtungsmaterials kalkulieren.

Die Idee mit anderen teilen – mit Pixel Streaming

Traditionell gehen viele Burning Man-Kunstinstallationen am letzten Festival-Tag in Flammen auf. Für "Nebula Shroom Grove" verfolgte Understory Collective jedoch andere Pläne – und stellte sich ein zweites Leben für die Installation nach dem Event vor.

Sie konnten ihre hochwertigen Visualisierungen potenziellen Investoren mithilfe von Pixel-Streaming in der Unreal Engine zeigen, wodurch es möglich ist, ein Projekt über eine einfache Web-URL mit jedem und überall zu teilen.

"In Unreal stand uns bereits alles zur Verfügung: Beleuchtung, Atmosphäre, Wetterbedingungen", sagt Rueda.  "Es war recht unkompliziert, in Pixel Streaming einzusteigen und es den Investoren zu präsentieren."
 
Mit freundlicher Genehmigung von Silvia Rueda
Das Team vermochte rasch zu demonstrieren, wie die Installation in einer Vielzahl von Umgebungen, Wetterbedingungen und Tageszeiten aussehen könnte, und gab den Benutzern sogar die Möglichkeit, auf die Pilze zu springen und den Sonnenuntergang zu genießen. 

Nachdem sie selbst diese aufregende Reise vom Designstudio in die Wüste unternommen haben, ist Understory Collective bereit, andere zu ermutigen, in ihre Fußstapfen zu treten.

Sie arbeiten an einer Reihe von Burning Man-Tutorials, mit denen jeder erlernen kann, wie man eine Kunstinstallation erstellt und sie mit der Unreal Engine und Twinmotion visualisiert.

"Vielleicht kann eines dieser Kunstwerke für den nächsten Burning Man geschaffen werden", so Rueda.
 

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