Solo-Entwickler erschafft ausgefeilte Simulation Manor Lords mit Unreal Engine

Brian Crecente

25. April 2024
Inspiriert von einer Vielzahl klassischer Strategiespiele wie Stronghold: Crusader, Knights & Merchants oder Age of Empires und angetrieben von einer großen Leidenschaft für die Videospielentwicklung, die bis in seine Grundschultage zurückreicht, machte sich Greg Styczén auf eine nahezu sieben Jahre andauernde Reise, um (beinahe) im Alleingang eine umfassende Echtzeit-Städtebausimulation zu entwickeln.

Manor Lords ist ein Mittelalter-Strategiespiel, das ganz tief in die Feinheiten des Städtebaus, großartiger taktischer Schlachten und sozialer Hierarchien eintaucht. Das Spiel soll am 26. März von Publisher Hooded Horse auf den Markt gebracht werden. Millionen Spieler haben es bereits auf ihre Wunschlisten gesetzt. Auch das Interesse großen Computerspielemagazine konnte das Spiel auf sich ziehen.

Wir haben uns mit Greg Styczén zusammengesetzt und darüber geplaudert, wie ihn RPG Maker 2000 zur Entwicklung von Spielen gebracht hat und ihn schlussendlich zur Unreal Engine und seinem ersten ernsthaften Spiel führte. Er erzählt uns auch, wie sich der Epic MegaGrant auf das Spiel und seine Arbeit auswirkte, und hat einige wichtige Lektionen mit dabei, die er als Solo-Entwickler auf dem Weg gelernt hat.
Wie sind Sie zur Spieleentwicklung gekommen?

Greg Styczén, Game Director:
Mein erstes Abenteuer in der Spieleentwicklung habe ich mit RPG Maker 2000 bestritten. In meinen letzten Grundschuljahren fing ich an, Spiele zusammen mit einem Freund zu entwickeln. Seitdem ist das mein Hobby. Ich hatte auch mal eine Flash-Phase, bin danach auf Dark Basic umgestiegen und schließlich bei Unreal Engine 4 gelandet.

Was hat Sie zum Namen "Slavic Magic" für Ihr Studio inspiriert?

Styczén:
Die Inspiration war ein Meme, dass Sie vielleicht von The Witcher 3: Wild Hunt kennen: "Vodka and Slavic Magic". Ich fand das irgendwie passend für mich, so als polnischer Indie-Entwickler mit einem winzigen Budget, aber einer gewaltigen Leidenschaft. :)

Ist Manor Lords Ihr erstes Spiel?

Styczén:
Es ist mein erstes wirklich ernsthaftes Projekt. Bisher habe ich nur ein paar kleine Flash-Spiele fertiggestellt. Nichts, was annähernd diese Ausmaße hatte.
Mit freundlicher Genehmigung von Slavic Magic
Was hat Sie dazu bewogen, Manor Lords zu entwickeln?

Styczén:
Ich habe schon lange den Traum gehegt, ein RTS-Spiel zu machen. Ich habe Stronghold: Crusader wie nichts gesuchtet, davor gab es Schlacht um Mittelerde, Knights & Merchants, Die Siedler, AoE und so weiter. Mir kam das daher wie eine amüsante Herausforderung vor.

Warum haben Sie sich als Solo-Entwickler für die Unreal Engine entschieden, um Ihr Spiel zu verwirklichen?

Styczén:
Ich habe mal mit einem Freund rumgealbert und wir dachten, dass wir uns vielleicht mal an einem VR-Spiel versuchen sollten. Er hatte gerade erst so ein Headset gekauft und es gab noch nicht wirklich viele gute Spiele dafür. Die Idee haben wir schnell verworfen, aber ich hatte bereits angefangen, mich mit UE4 zu beschäftigen, da sie wohl kompatibel mit dem HTC Vive war. Seitdem arbeite ich mit UE.

Wieso haben Sie sich dazu entschieden, das Spiel alleine zu entwickeln? Wie viel Unterstützung von Beratern haben Sie, die Ihnen bei der Arbeit zur Seite stehen?

Styczén:
Für mich war das wirklich nur ein Hobby und ich habe nur in meiner Freizeit daran gearbeitet. Mein richtiger Job als Video-Freelancer erlaubte es mir nicht, mehr Leute anzuheuern oder so. Erst nach dem Start meiner Patreon-Kampagne und dem Erhalt des Epic MegaGrants fing ich an, einige Arbeiten von externen Profis machen zu lassen. Die richtigen Leute zu finden, ist echt schwer! Die Entwicklung wird durch mehr Leute nicht wie durch Zauberhand beschleunigt, aber die Produktionswert steigt trotzdem sofort.

Wie kam es dazu, dass Hooded Horse Ihr Publisher wurde, und wie hat sich das auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Styczén:
Der Entwickler von Falling Frontier, Tood D'Arcy, hat mich Tim, dem CEO von Hooded Horse, vorgestellt. Anfangs hatte ich kein Interesse an Publishern, aber er hat mir immer wieder bei verschiedenen Problemen geholfen und mir wirklich tolle Ratschläge gegeben. Irgendwann habe ich festgestellt, dass die Zusammenarbeit wirklich nützlich sein könnte und am Ende zu mehr Verkäufen führen kann. Rückblickend betrachtet war es eine super Entscheidung. Ich kann nicht beurteilen, ob jeder Entwickler einen Publisher braucht, aber bei mir hat es zu sehr viel mehr Wunschlisteneinträgen geführt. Betrachten Sie es mal von der Warte: Wollen Sie wirklich Zeit damit verbringen, vor der Veröffentlichung Tausende Mails an die Presse zu schreiben, Schlagwörter in Shops anzupassen und Konferenzen mit Partnern durchzuziehen? Ich fand es super, dass ich mich stattdessen ganz und gar auf die Entwicklungsarbeit konzentrieren konnte. Das kann aber auch an der allgemeinen Popularität des Spiels liegen. Für weniger beliebte Spiele und Genres kann ich mir durchaus vorstellen, dass ein Publisher noch sehr viel mehr Vorteile bringt, da man in der Situation jedes erdenkliche Mittel einsetzen muss, um sein Spiel an den Mann zu bringen.

Sie haben mal geschrieben, dass Manor Lords "historische Exaktheit oberste Priorität einräumt, wenn es möglich ist". Wir wissen aber auch von Situationen, wo Sie Spielmechaniken einbinden wollten, die nicht zum Europa des 14. Jahrhunderts passen. Wie entscheiden Sie, wann Gameplay wichtiger ist als historische Genauigkeit?

Styczén:
Na ja, ich finde nicht, dass es im Spiel noch viele Dinge gibt, die nicht geschichtlich akkurat sind. Allerdings sage ich auch immer, dass das Spiel von der Geschichte "inspiriert" wurde. Selbst Historiker raten mir immer wieder, den Begriff "historisch exakt" nicht zu verwenden, denn nichts ist wirklich historisch exakt. Ich versuche vielmehr, eine Balance zwischen Gameplay und Realismus zu finden. Ich will auch nicht, dass das Spiel nur eine Simulation oder so wird. Es soll ein Spiel sein, das Spaß macht. Normalerweise lässt sich ein Kompromiss finden. Manchmal wird das etwas schwierig, aber es ist auch oft inspirierend und beflügelt die Kreativität. Ich kann Mechaniken (oder visuelle Elemente) hinzufügen, die es in anderen Spielen nicht gibt.
Mit freundlicher Genehmigung von Slavic Magic
Was war für Sie das Schwierigste bei Ihrem Unterfangen, Manor Lords fast im Alleingang zu entwickeln?

Styczén:
Ich finde, als ich noch in meiner eigenen Blase lebte und arbeitete, kam ich schneller voran. Nachdem ich den Ankündigungstrailer veröffentlicht hatte und Social-Media-Seiten aufgesetzt wurden, verfing ich mich irgendwie in einem Strudel aus ständigen Überarbeitungen. Das Spiel wird dadurch sicherlich besser, aber oft fällt die Entscheidung nicht leicht, auf welche Rückmeldungen und Anregungen man hören soll und welche man lieber ignoriert. Einerseits sagen einem die Leute immer "Bleib bei deiner Vision", aber wenn ihnen dann was daran nicht gefällt, machen sie lautstark darauf aufmerksam. Ich denke natürlich nicht, dass meine Vision immer richtig ist. Davon abgesehen habe ich wohl unterschätzt, wie viel Arbeit ein Spiel macht, mit der man so gar nicht rechnet. Zum Beispiel tatsächliche Spielzeit erreichen und Spaß am Spiel bringen, anstatt nur technische Details zu verwalten. Man kann natürlich ein RTS-Projekt in einer Woche durchboxen, eine Kamera und ein paar Einheiten zusammenwürfeln und so. Die wahre Herausforderung aber ist, das Spiel für 5, 20, 100 Stunden unterhaltsam und herausfordernd zu gestalten. Die technischen Aspekte können auch schwierig sein, aber die Schwierigkeiten entstehen meist nur, weil ich etwas nicht erwartet habe.

Welche Auswirkungen hatte der Epic MegaGrant auf die Entwicklung von Manor Lords?

Styczén:
Nachdem ich den MegaGrant bekommen hatte, musste ich keine Aufträge mehr von meinem Hauptjob annehmen, um Geld zu verdienen. Ich konnte mich endlich ganz auf die Spielentwicklung konzentrieren. Ich fing auch an, mehr Freelance-Artists anzustellen, die mich bei bestimmten Arbeiten unterstützten, etwa beim Bereinigen der MoCap oder bei zusätzlichen Illustrationen für Ereignisse. Das sind alles Kleinigkeiten, die das Spiel am Ende aber wie ein vollendetes Produkt aussehen lassen und nicht wie ein wildes Hobbyprojekt.

Wie hat Sie die Unreal Engine bei der Entwicklung Ihres Spiels unterstützt?

Styczén:
Ich habe jetzt sieben Jahre mit der Engine gearbeitet und kann mir nicht vorstellen, meine eigene Engine zu entwickeln. Es gibt dabei so viel zu beachten und die Welt entwickelt sich ständig weiter und dann muss man sich ständig Gedanken um Treiberkompatibilität für irgendwelche neuen Grafikkarten und so machen und die Implementierung von verschiedenen KI-Upscalingtechnologien, verschiedenen Shops, SDKs und so weiter. Da dreht sich mir der Kopf und ich weiß nicht, wie Leute das alles hinkriegen.
Mit freundlicher Genehmigung von Slavic Magic
Welche Funktionen der Unreal Engine hatten die größten Auswirkungen auf Ihre Arbeit?

Styczén:
Das LOD-Erstellungssystem kann man einfach ohne Weiteres nutzen und es funktioniert tadellos. Live Coding ist absolut genial für das Debugging der Pfadsuche und solche Sachen. Der Audio-Cue-Editor ist ein brillantes Werkzeug für das Sounddesign. Die Möglichkeiten des Material-Editors hauen einen einfach um! Man könnte bestimmt ein Spiel allein im Material-Editor entwerfen, wenn man es nur versucht. Ich liebe die Funktion "Statische Meshs zusammenführen". Die nutze ich ständig. Ich bin der Überzeugung, dass es gerade kleine Komfortfunktionen und nicht so sehr große, protzige Funktionen sind, die einem die Entwicklungsarbeit wirklich erleichtern. Eins der besten UE-Werkzeuge ist meiner Meinung nach das Profiling-System. Es ist einfach genial, Framerate-Diagramme für individuelle Funktionen zu sehen. So kann man genau erkennen, was wie viele Millisekunden verschlingt und mit chirurgischer Präzision Optimierungen vornehmen. Total abgefahren! Ich glaube, für Entwickler sind gerade die Funktionen besonders wichtig, über die kaum gesprochen wird. Zum Beispiel, dass man Datentabellen aus einer CSV einfach so ohne Plugins importieren kann. Solche Funktionen sind meiner Ansicht nach entscheidend für den Erfolg eines Spiels. Der kostenlose Zugriff auf Megascans ist ebenfalls wundervoll! Am Anfang meiner Entwicklungsarbeit musste ich einiges an Geld in den Kauf von Scans bei Quixel investieren. Vielen Dank, Epic!

Sie entwickeln aktuell noch mit der Unreal Engine 4. Haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, auf die Unreal Engine 5 umzusteigen?

Styczén:
Ja, aber nachdem ich mir das genauer angesehen und mich mit anderen Profis aus der Branche unterhalten habe, kam ich zu dem Schluss, dass das Zeit braucht und sehr sorgfältig angegangen werden muss. Für den Moment ist mir Stabilität und die Veröffentlichung meines Spiels wichtiger.
Mit freundlicher Genehmigung von Slavic Magic
Die Vollendung des Spiels rückt in greifbare Nähe. Gibt es etwas, dass Sie bei der Entwicklung im Rückblick gerne anders gemacht hätten?

Styczén:
Ich würde wohl weniger oft versuchen, das Rad neu zu erfinden, und mich mehr auf das stützen, was die Engine selbst bereits leisten kann. Als Anfänger wollte ich die Spielsysteme irgendwie intuitiv so gestalten, wie ich sie mir vorstellte, anstatt meine Ideen an die Funktionsweise der Engine anzupassen. Ich könnte jetzt auch besser beurteilen, wo ich bei den Detaillierungsgraden mehr erreichen könnte und wo ich mich eher zurückhalten sollte. Ich weiß noch, wie ich in der ersten Zeit viel Spaß dabei hatte, das Gras unter den Füßen mit Distanzfeldern verbiegen zu lassen, aber da meine Einheiten Menschenmengensimulationen sind, kann ich nicht genauso viel Animationsdetails hinzufügen, wie es mit richtigen Skelettanimations-Blueprints möglich ist. Dieses supercoole Detail könnte also zu einem Nachteil werden, weil Spieler einen konsistenten Detaillierungsgrad erwarten, egal wohin sie blicken. Ganz schnell ist das verbiegende Gras nicht mehr so toll und die Animation sieht weniger natürlich aus.
Mit freundlicher Genehmigung von Slavic Magic
Welchen Rat würden Sie angehenden Solo-Entwicklern geben, die mit der Unreal Engine anfangen?

Styczén:
Versuchen Sie nicht, zu sehr gegen die Engine zu kämpfen. Konzentrieren Sie sich nicht so sehr auf technische Details. Akzeptieren Sie, dass manche Sachen vielleicht nicht perfekt sind. Konzentrieren Sie sich lieber darauf, dass das Spiel Spaß macht. Vielleicht haben Sie ja eine eigene Komponente geschrieben, die etwas richtig Cooles anstellt, aber wird sie auch in der nächsten Version noch die richtigen Bewegungs-Vektoren ausgeben? Es könnte besser sein, stattdessen eine bereits bestehende Komponente zu nutzen. Stellen Sie Skalierbarkeit und Konsistenz in den Mittelpunkt. Wenn Sie eine Umgebung in AAA-Qualität für ein Level erstellen, fragen Sie sich, ob Sie das für Hunderte weitere Level schaffen oder nach 20 Leveln aufgeben müssen.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben. Wo kann man mehr über Manor Lords und Slavic Magic erfahren?

Styczén:
War mir ein großes Vergnügen! Ich rede gern über meine Arbeit und hoffe, Ihnen einen ausgewogenen Einblick gegeben zu haben. Eine Wunder-Engine gibt es meiner Meinung nach nicht, aber ich bin froh, mich für Unreal entschieden zu haben. Mir wurde immer geholfen, wenn ich darum gebeten habe. Damit meine ich nicht nur den MegaGrant, sondern auch einfache Dinge wie Leute zu haben, mit denen ich über bestimmte Sachen reden kann, denen ich Fragen stellen kann und so weiter. Neuigkeiten rund um Manor Lords bekommen Sie auf meinem Twitter und auf der offiziellen Seite zum Spiel. Danke sehr.

Sie können Manor Lords auf Ihre Wunschliste im Epic Games Store setzen.

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