Was hat Sie dazu bewogen, Manor Lords zu entwickeln?
Styczén: Ich habe schon lange den Traum gehegt, ein RTS-Spiel zu machen. Ich habe Stronghold: Crusader wie nichts gesuchtet, davor gab es Schlacht um Mittelerde, Knights & Merchants, Die Siedler, AoE und so weiter. Mir kam das daher wie eine amüsante Herausforderung vor.
Warum haben Sie sich als Solo-Entwickler für die Unreal Engine entschieden, um Ihr Spiel zu verwirklichen?
Styczén: Ich habe mal mit einem Freund rumgealbert und wir dachten, dass wir uns vielleicht mal an einem VR-Spiel versuchen sollten. Er hatte gerade erst so ein Headset gekauft und es gab noch nicht wirklich viele gute Spiele dafür. Die Idee haben wir schnell verworfen, aber ich hatte bereits angefangen, mich mit UE4 zu beschäftigen, da sie wohl kompatibel mit dem HTC Vive war. Seitdem arbeite ich mit UE.
Wieso haben Sie sich dazu entschieden, das Spiel alleine zu entwickeln? Wie viel Unterstützung von Beratern haben Sie, die Ihnen bei der Arbeit zur Seite stehen?
Styczén: Für mich war das wirklich nur ein Hobby und ich habe nur in meiner Freizeit daran gearbeitet. Mein richtiger Job als Video-Freelancer erlaubte es mir nicht, mehr Leute anzuheuern oder so. Erst nach dem Start meiner Patreon-Kampagne und dem Erhalt des Epic MegaGrants fing ich an, einige Arbeiten von externen Profis machen zu lassen. Die richtigen Leute zu finden, ist echt schwer! Die Entwicklung wird durch mehr Leute nicht wie durch Zauberhand beschleunigt, aber die Produktionswert steigt trotzdem sofort.
Wie kam es dazu, dass Hooded Horse Ihr Publisher wurde, und wie hat sich das auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Styczén: Der Entwickler von Falling Frontier, Tood D'Arcy, hat mich Tim, dem CEO von Hooded Horse, vorgestellt. Anfangs hatte ich kein Interesse an Publishern, aber er hat mir immer wieder bei verschiedenen Problemen geholfen und mir wirklich tolle Ratschläge gegeben. Irgendwann habe ich festgestellt, dass die Zusammenarbeit wirklich nützlich sein könnte und am Ende zu mehr Verkäufen führen kann. Rückblickend betrachtet war es eine super Entscheidung. Ich kann nicht beurteilen, ob jeder Entwickler einen Publisher braucht, aber bei mir hat es zu sehr viel mehr Wunschlisteneinträgen geführt. Betrachten Sie es mal von der Warte: Wollen Sie wirklich Zeit damit verbringen, vor der Veröffentlichung Tausende Mails an die Presse zu schreiben, Schlagwörter in Shops anzupassen und Konferenzen mit Partnern durchzuziehen? Ich fand es super, dass ich mich stattdessen ganz und gar auf die Entwicklungsarbeit konzentrieren konnte. Das kann aber auch an der allgemeinen Popularität des Spiels liegen. Für weniger beliebte Spiele und Genres kann ich mir durchaus vorstellen, dass ein Publisher noch sehr viel mehr Vorteile bringt, da man in der Situation jedes erdenkliche Mittel einsetzen muss, um sein Spiel an den Mann zu bringen.
Sie haben mal geschrieben, dass Manor Lords "historische Exaktheit oberste Priorität einräumt, wenn es möglich ist". Wir wissen aber auch von Situationen, wo Sie Spielmechaniken einbinden wollten, die nicht zum Europa des 14. Jahrhunderts passen. Wie entscheiden Sie, wann Gameplay wichtiger ist als historische Genauigkeit?
Styczén: Na ja, ich finde nicht, dass es im Spiel noch viele Dinge gibt, die nicht geschichtlich akkurat sind. Allerdings sage ich auch immer, dass das Spiel von der Geschichte "inspiriert" wurde. Selbst Historiker raten mir immer wieder, den Begriff "historisch exakt" nicht zu verwenden, denn nichts ist wirklich historisch exakt. Ich versuche vielmehr, eine Balance zwischen Gameplay und Realismus zu finden. Ich will auch nicht, dass das Spiel nur eine Simulation oder so wird. Es soll ein Spiel sein, das Spaß macht. Normalerweise lässt sich ein Kompromiss finden. Manchmal wird das etwas schwierig, aber es ist auch oft inspirierend und beflügelt die Kreativität. Ich kann Mechaniken (oder visuelle Elemente) hinzufügen, die es in anderen Spielen nicht gibt.