Mit freundlicher Genehmigung von Croteam

Ein Blick auf Croteams Umstieg von eigener Technik auf die UE5 für The Talos Principle 2

Brian Crecente
Davor Hunski ist der Chief Creative Officer bei Croteam, einem führenden Studio für Spieleentwicklung mit Sitz in Kroatien. Er gilt als der Großvater kroatischer Spieleentwicklung und ist seit über drei Jahrzehnten in der Branche tätig. Hunskis bemerkenswerte Beiträge umfassen die Tätigkeit als Haupt-Spiele-Designer und Produktionsleiter für Spiele wie Serious Sam and The Talos Principle. Davor Hunski arbeitet unheimlich gern bei Croteam mit einem Team von außergewöhnlich talentierten, aufstrebenden Spieleentwicklern zusammen.
Goran Adrinek ist der Lead Programmer bei Croteam, einem bekannten kroatischen Studio für Spieleentwicklung, wo er vor mehr als 16 Jahren seine Karriere als Spieleentwickler begann. Adrinek arbeitete seit Beginn seiner Karriere als Gameplay-Programmierer mit Croteams eigener Serious Engine, entwickelte sich aber bald zu einem Alleskönner, der sich mit Low-Level-Engine-Systemen, Editor- und Pipeline-Werkzeugen, Netzwerken, Skripten und Navigation beschäftigte – um nur einige seiner Fachgebiete zu nennen. In den vergangenen Jahren hat er die Croteams Umstellung auf die Unreal Engine geleitet.
Die kroatischen Entwickler von Croteam erschaffen seit über zwei Jahrzehnten überdrehte Serious Sam-Ego-Shooter, die sie seit ebenso langer Zeit mit ihrer internen Engine entwickeln.

Aber das Team erklärte, es sei nach der Veröffentlichung von Serious Sam 4 im Jahr 2020 zu einer Einsicht gelangt: Es war an der Zeit, die Serious Engine in Rente zu schicken und die gesamte zukünftige Entwicklung in die Unreal Engine zu verlagern.

The Talos Principle 2 ist ausdrücklich kein Shooter und wird das erste Spiel des Teams sein, dessen Entwicklung in der Unreal Engine erfolgte.

Wir sprachen mit Chief Creative Officer Davor Hunski sowie Goran Adrinek, Lead Programmer bei Croteam, über die Gründe für den Wechsel der Engine, warum das Team wohl niemals zu seiner eigenen Technologie zurückkehren wird, und über einige der Inspirationen, die hinter dem Rätselspiel The Talos Principle 2 und seinen tiefen philosophischen Wurzeln stehen.
 

Was hat Croteam dazu bewogen, ein Puzzle-Videospiel zu entwickeln, nachdem man mehr als ein Dutzend Jahre an der First-Person-Shooter-Reihe Serious Sam gearbeitet hatte?

Davor Hunski, Chief Creative Officer bei Croteam:
Es mag nicht allgemein bekannt sein, aber unsere Reise in die Spieleentwicklung begann mit einem Puzzlespiel, und unser erstes veröffentlichtes Unterfangen war ein Fußballspiel. In den frühen 90er Jahren zog uns die Welt der First-Person-Shooter in ihren Bann. Diese Faszination kulminierte schließlich in der Geburtsstunde von Serious Sam. Unsere Interessen erstrecken sich jedoch weit über den Gaming-Bereich hinaus.

Sobald wir uns an einen Tisch setzen, führen wir Gespräche über Kultur, Philosophie, Religion, Technologie, KI und die Zukunft. Die Schöpfung von The Talos Principle lieferte uns die ideale Leinwand, um andere Facetten unserer Persönlichkeiten zu zeigen und einige unserer Weltanschauungen zum Ausdruck zu bringen.
Mit freundlicher Genehmigung von Croteam
Warum hat sich das Team entschlossen, so starke Elemente der Philosophie und des Transhumanismus in The Talos Principle einzubringen?

Hunski:
Themen dieser Art ziehen unsere Fantasie immer in ihren Bann. Unzählige Male haben wir tiefgründige Diskussionen über den Platz der Menschheit im riesigen Geflecht von Zeit und Raum geführt. Die Gegenüberstellung von menschlicher Zivilisation auf der einen Seite und einer rätselhaften – vielleicht sogar gefährlichen – Zukunft auf der anderen Seite hat uns bei diesen Gesprächen immer wieder in Erstaunen versetzt. Unser Anliegen wurde es, der Welt unsere Sichtweise auf dieses fesselnde Thema mitzuteilen.

Welchen Herausforderungen sah sich das Team gegenüber, als es versuchte, eine Fortsetzung für ein Spiel mit einem so dichten Ende zu entwickeln?

Hunski:
Ehrlich gesagt stießen wir auf dem Weg dorthin auf zahlreiche Herausforderungen. Wir waren uns von Anfang an bewusst, welch monumentales Unterfangen vor uns lag. Eine Fortsetzung zu einem so großartigen Kunstwerk zu erstellen, war eine einschüchternde Aussicht. Anfangs hatten wir das so gar nicht auf dem Radar. Im Laufe von fünf Jahren geschah jedoch etwas Bemerkenswertes: Kreative Funken sprühten und Ideen wuchsen nach und nach. Stück für Stück knüpften sie das Geflecht unserer Vision: die Geschichte, die grundlegenden Spielmechanismen, die Umgebungen und vieles mehr. Dieser ständig wachsende Konzeptfundus wurde zur Grundlage, auf der wir das Mosaik zusammenfügten, das wir heute mit Stolz The Talos Principle 2 nennen.

Warum entschied sich das Team zur Entwicklung von The Talos Principle 2?

Hunski:
Es war ein langer Weg, das nötige Selbstvertrauen für die Ausmalung eines Spiels zu erlangen, das es verdient, in die Fußstapfen unseres geliebten The Talos Principle zu treten. Eine Fortsetzung nach dem enormen Erfolg des Erstlings zu erstellen, ist natürlich eine Herausforderung, doch das Potenzial, das wir in The Talos Principle 2erkannt hatten, erwies sich als zu verlockend, um zu widerstehen. Nun, da wir es in die Tat umgesetzt haben, verspüren wir erneut dieses unverwechselbare, berauschende Gefühl, das vergleichbar ist mit der freudigen Erwartung von Eltern, wenn sie die Geburt ihres kostbaren Kindes in diese wunderschöne Welt herbeisehnen.
Mit freundlicher Genehmigung von Croteam
Croteam nutzt und aktualisiert seine Serious Engine seit fast 25 Jahren. Was hat das Team dazu bewogen, The Talos Principle 2 in der Unreal Engine 5 zu entwickeln?

Goran Adrinek, Lead Programmer bei Croteam:
Als wir Serious Sam 4 veröffentlichten, wurde uns klar, dass wir unsere Engine- und Rendering-Ressourcen für unser nächstes Projekt verbessern mussten. Wir stellten eine Liste mit Verbesserungen zusammen und kalkulierten den zeitlichen und finanziellen Aufwand für die Umsetzung. Das Ergebnis war ernüchternd. Es fiel uns schwer, das qualitative Niveau zu erreichen, das selbst die Unreal Engine 4 zu diesem Zeitpunkt schon bot. Wenig später erlebten wir die umwerfende Demo der Unreal Engine 5, in der die bahnbrechenden Technologien Nanite and Lumen präsentiert wurden. Es wurde offensichtlich, dass somit die letzte Stunde der Entwicklung mit der Serious Engine geschlagen hatte.

Croteams vorrangiges Anliegen war es schon immer, unterhaltsame Spiele zu erstellen. Unsere Leidenschaft gilt der Entwicklung von Engines und den damit verbundenen Technologien, doch unser Hauptziel ist seit jeher die Schöpfung außergewöhnlicher Spielerlebnisse. Und die funkelnagelneue Unreal Engine erwartete uns und versprach uns bei Nutzung quasi den Himmel auf Erden. Sobald wir sie einmal auf die Probe gestellt hatten, gab es kein Zurück mehr.

Vor welchen Herausforderungen stand das Team bei der Umstellung von der Serious Engine auf die Unreal Engine 5?

Adrinek:
Die Umstellung auf eine gänzlich andere Engine war ein sowohl zeitintensiver als auch aufwendiger Vorgang. Wir wussten, dass es für unsere Programmierer und Inhaltsentwickler wichtig war, sich in dieser neuen Umgebung zu Hause zu fühlen. Es brauchte zwar eine gewisse Zeit, bis wir dieses Maß an Komfort erreicht hatten, aber uns war stets klar, dass sich diese Investition auszahlen würde.

Zu Beginn des Projekts arbeiteten wir mit der Unreal Engine 4, wobei wir jede neue Iteration der Engine bereitwillig aufgriffen, sobald diese veröffentlicht wurde. Anfangs hatten wir vor, einen Rendering-Pfad mit vorgebakter Beleuchtung zu verwenden, was aufgrund der Größe der Levels jedoch problematisch war. Doch im Verlauf unserer Reise machten wir uns die fast magischen Fähigkeiten der Unreal Engine 5 zu eigen (beginnend mit 5.0 und mit jeder Iteration bis zur Veröffentlichung von 5.2). Um unsere Ziele zu erreichen, griffen wir auf unsere Programmierkenntnisse zurück, die wir durch unsere Erfahrung mit der Serious Engine erworben hatten.

Letztlich bestand die größte Herausforderung darin, alle Systeme zu finden, um ein komplettes Spiel in einer neuen, uns nicht vertrauten Engine zu entwickeln – in etwa so, als würde ein Musiker, der ein anderes Instrument virtuos beherrscht, ein neues erlernen. Doch langsam, aber sicher erreichen wir dieses virtuose Niveau in der Unreal Engine.
Mit freundlicher Genehmigung von Croteam
Ist geplant, die Serious Engine weiterhin zu unterstützen, oder ist dies ein dauerhafter Wechsel zur Unreal Engine 5? Wenn ja, warum?

Adrinek:
Der Umstieg auf die Unreal Engine ist permanent, da wir erkannt haben, dass es nahezu unmöglich ist, die Serious Engine auf die Qualität der Unreal Engine zu hieven. Es käme dem Versuch gleich, im Sprint einen Zug einzuholen, der bereits weit entfernt ist und noch mehr an Fahrt aufnimmt. Die Unreal Engine hat sich als herausragende Plattform erwiesen, die alle unsere Anforderungen an die Spieleentwicklung einwandfrei erfüllt.

Gab es besondere Funktionen der UE5, die Ihnen geholfen haben, Ihre Vision für das Spiel in die Tat umzusetzen?

Adrinek:
Wir übernahmen vollständig die neuesten und modernsten Funktionen der UE5 wie etwa Nanite, Lumen, World Partition, Virtual Texturing, Virtual Shadow Maps und Local Exposure. Bereits seit den Kinderschuhen der Branche gelten diese Technologien als Heiliger Gral der Spieleentwicklung. Die ungezählten Stunden und Mühen, die früher für die Erstellung von LODs oder Shadow Maps aufgewendet wurden, gehören jetzt der Vergangenheit an. Somit werden wertvolle Ressourcen und Zeit für die Verbesserung anderer Aspekte des Spiels frei.

Die Beleuchtung in The Talos Principle 2 ist atemberaubend. Wie haben Sie Lumen zur Darstellung von Licht und Wasser im Spiel eingesetzt?

Hunski:
Mit fast drei Jahrzehnten Entwicklungserfahrung, die von 2D über 3D bis hin zu Virtual Reality reicht, darf ich mit Fug und Recht behaupten, dass die Einführung der Unreal Engine 5 eine Revolution in der Spieleentwicklung darstellt, wie ich sie bisher nur selten erlebt habe. Insbesondere Lumen ist schlicht und ergreifend erstaunlich. Zwar erfordert Lumen einen gewissen Aufwand und geht auf Kosten eines Bruchteils der Framerate, aber die Ergebnisse sind atemberaubend. Jede Szene im Spiel profitiert davon. Noch beachtlicher ist, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass wir nur an der Oberfläche seines Potenzials gekratzt haben. Es ist wirklich erstaunlich!

Die Welt von The Talos Principle 2 wirkt gewaltig. Wie hat Nanite Ihnen dabei geholfen, Aussehen und Maßstab des Spiels zu formen?

Hunski:
Mit den alten Rendering-Methoden könnte das Spiel nicht mit einer vernünftigen Framerate laufen. Zum Glück hat die nahtlose Integration von Nanite in unsere Content-Produktionspipeline den Übergang zu diesem innovativen Rendering-Pfad und -Workflow relativ reibungslos gestaltet. In jüngerer Zeit hat die Einführung der World-Partitioning-Technologie eine entscheidende Rolle dabei gespielt, unseren ausgedehnten Levels Leben einzuhauchen.

Hat sich die Verwendung der Unreal Engine 5 auf die Tiefe oder die Art der Rätsel ausgewirkt, die Sie in das Spiel einbauen konnten? Wenn ja, wie?

Hunski:
Obwohl World Partition keinen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung unserer Rätsellogik hatte, war es von entscheidender Bedeutung für die Erschaffung weitläufiger Umgebungen und die Gestaltung der neuen Kernstruktur des Spiels, ohne die ständige Sorge, zusätzlichen Platz oder neue Orte zu benötigen. Außerdem konnten wir dadurch die Beschränkung, dass jeweils nur ein Entwickler an einem Level arbeiten konnte, völlig außer Acht zu lassen. Zudem ermöglichte es uns, die riesigen Räume zu erstellen, die Spieler im späteren Spielverlauf entdecken können. Was die UE5 besonders hervorhebt, ist ihre Fähigkeit, Entwicklern Gelegenheit zu geben, sich auf das eigentliche Spiel zu konzentrieren, statt sich mit den Zwängen der Technologie auseinander setzen zu müssen.

Wie haben sich Ihrer Meinung nach Spielmechanik und -philosophie seit dem ursprünglichen Talos Principle weiterentwickelt?

Hunski:
The Talos Principle wird in gewisser Weise als fokussiertes und sogar als minimalistisches Spiel gesehen, aber The Talos Principle 2 stellt seinen Vorgänger in vielerlei Hinsicht in den Schatten. Es ist nicht nur größer, sondern auch umfangreicher und bietet nun mehr Umgebungen, Spielmechaniken, Raum, Geschichte und Systeme – im Grunde genommen mehr von allem. Obwohl die Lernkurve in The Talos Principle vielfach lobend erwähnt wurde, entschlossen wir uns zu einem gewagten Vorstoß, indem wir eine etwas andere Spielstruktur einführten. Es war ein mutiger Schritt, aber wir glauben, dass sich das Risiko gelohnt hat.

Was die Handlung anbelangt, so waren wir entschlossen, nicht dieselbe Formel zu wiederholen und Introspektive zu zeigen. Vielmehr gingen wir ein weiteres Risiko ein, indem wir eine lebendige Gesellschaft mit packenden Charakteren einführten und die Erzählung weiterentwickelten, um die liebgewonnene Essenz früher Science-Fiction-Romane einzufangen.
Mit freundlicher Genehmigung von Croteam
Lässt The Talos Principle noch Spielraum für zukünftige Titel oder stellt dieser Prolog das Ende des Franchise dar?

Hunski:
Intern kennen wir die Antwort auf diese Frage.

Wie wirkt sich Ihrer Meinung nach die Arbeit an Spielen wie The Talos Principle auf Ihre Arbeit an anderen Titeln aus, insbesondere an zukünftigen Shootern wie dem nächsten Serious Sam?

Hunski:
Wir haben natürlich schon viel gelernt. Wir haben uns in die Unreal-Umgebung eingearbeitet, Kenntnisse erworben und ein beeindruckendes Entwicklungstempo erreicht. Unser Team von Entwicklern ist schlichtweg außergewöhnlich. Jedes Croteam-Mitglied ist ein außergewöhnlicher Profi und ein brillanter Geist. Mit diesem Team an der Erstellung von Kunst dieses Kalibers zu arbeiten, ist einfach unbezahlbar. Für alle Beteiligten war die Entwicklung von The Talos Principle 2 eine Zeit enormen Wachstums und des Lernens, was unsere Vorfreude auf das nächste Projekt steigerte.

Danke, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben. Wo können die Leser mehr über The Talos Principle 2 und Croteam erfahren?

Hunski:
Mehr über Talos 2 erfährt man auf unserer Website. Wir danken für das Gespräch.

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