Heutzutage scheint sich ja jeder zu fragen, welchen Einfluss KI auf das Design und die Entwicklung interaktiver Unterhaltung haben wird. Dies mag zwar ein brandheißes Thema sein, die Präsidentin und Hauptentwicklerin des Indie-Entwicklers Chump Squad, Gwen Frey, befasst sich jedoch schon seit geraumer Zeit mit diesem Konzept. Tatsächlich geht ihre Auseinandersetzung mit diesen Ideen auf ihre einsamsten Tage in der Isolation während der Pandemie zurück.
Doch statt die Auseinandersetzung mit der Ungewissheit zu suchen, schuf sich Gwen ein Ventil, indem sie das einzigartige und satirische Lab Rat kreierte, das als mithilfe von maschineller Lerntechnologie entwickeltes Rätselspiel firmiert und die urkomischen Fehler zeigt, die sich aus solchen Methoden ergeben.
Doch worum geht es wirklich in dem Spiel und warum haben sich Gwen und das kleine Team bei Chump Squad für die Unreal Engine 5 entschieden, um ihre Ziele zu verwirklichen? Wir haben Gwen mit ein paar Fragen unseren ganz eigenen Testläufen unterzogen, um das herauszufinden.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben! Lab Rat wird interessanterweise als handgefertigter narrativer Puzzler beschrieben, der sich als mit KI erstelltes Videospiel tarnt. Können Sie unserer Community erzählen, wie es zu diesem ziemlich einzigartigen Konzept kam?
Gwen Frey, Präsidentin und Hauptentwicklerin bei Chump Squad: In der Branche gibt es derzeit viel Aufsehen rund um KI und ihr Potenzial, den Markt mit maschinell generierten Spielinhalten zu überschwemmen. Nichtsdestotrotz haben KI-Bots selbstbewusst falsche Informationen behauptet – was zu einer Vielzahl von Memes und Spott geführt hat. Es schien naheliegend, diese beiden Konzepte zu vereinen und sich vorzustellen, welche albernen Erlebnisse dies zur Folge haben könnte.
Zwar ist Lab Rat in seinem Kern ein satirisches Sci-Fi-Puzzlespiel, doch es führt auch einige ausgeprägte (und etwas düstere) Erzählthemen ein, wie beispielsweise das Leben in einem ständigen Zustand der Überwachung und die sich ständig weiterentwickelnde Beziehung der Menschheit zu Maschinen. Waren diese Themen von Anfang an der Kern des Projekts oder haben sie sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt?
Frey: Dieses Thema hatte von Anfang an Bestand. Den Grundstein dieses Projekts legte ich während der COVID-Pandemie, als ich mich im Lockdown befand, und zu dieser Zeit war die einzige menschliche Interaktion, die ich hatte, online – in der Regel gefiltert durch Social-Media-Plattformen. Ich wollte zum Ausdruck bringen, wie absurd und frustrierend dieses Erlebnis war.
Könnten Sie bitte erläutern, wer S.A.R.A. im Spiel ist und wie das Leben während des Lockdowns das Konzept (und den Charakter) hervorgebracht hat?
Frey: Aber klar! S.A.R.A. ist ein Programm zur Entwicklung von Videospielen unter Verwendung von Algorithmen für maschinelles Lernen und dem Feedback von Testern. Sie ist freundlich und optimistisch, da sie mit warmer, weiblicher Stimme programmiert und darauf ausgelegt wurde, regelmäßig freundliche Plattitüden von sich zu geben. Im Kern ist sie kein denkendes Geschöpf, hat keinerlei Emotionen. Ich verbrachte eine Menge Zeit damit, automatisierten Kundenservice-Bots zuzuhören, um mich für ihre Entwicklung inspirieren zu lassen.
Lab Rat scheint seine düsteren Themen durch Humor auszugleichen. War die Suche nach einem Gleichgewicht hier eine Herausforderung?
Frey: Ich habe mich dafür entschieden, mich nicht mit den dunkleren Themen oder echten Problemen mit KI auseinanderzusetzen. Die Welt ist heutzutage schlimm genug. Ich habe entschieden, dass ich mich lieber auf dieses absurde gemeinsame Erlebnis konzentrieren wollte, das wir alle durchmachen. Das Ergebnis: Lab Rat wurde ein weitaus unbeschwerteres Spiel, das mithilfe seines unverblümten und ignoranten KI-Charakters die Spieleentwicklung und das Testen von Spielen im Allgemeinen durch den Kakao zieht.
Wie kam es zu der Idee, satirische In-Game-Analysen zu sammeln, die in Echtzeit mit echten Spielerdaten aktualisiert werden?
Frey: Viele Online-Spiele werden hauptsächlich durch die Auswertung von Analytik und die entsprechende Anpassung der Zahlen entwickelt. Insbesondere bei größeren Studios für Handyspiele ist das der Fall. Ich kenne Firmen, in denen ein Designer Daten zur Bestätigung von Abstimmungsänderungen vorlegen muss, und das kam mir immer sehr roboterhaft vor. Es ergab also Sinn, dass S.A.R.A. diese Strategie anwenden würde, da es ein so maschinenähnlicher Ansatz ist, um „den Spaß zu suchen“.
Welche Rolle spielte die Psychologie der Spieler – etwa Frustrationsschwellen oder Lernkurven – bei der Gestaltung der Rätsel?
Frey: Der herausforderndste und wichtigste Teil des Rätselspiel-Designs besteht darin, eine gute Schwierigkeitskurve zu finden – eine, die fordert, ohne zu demotivieren. Bei traditionellen Blockschiebepuzzles kommt eine zusätzliche Schwierigkeit hinzu, denn es ist leicht möglich, dass ein Spieler in einen Zustand gerät, in dem er nicht mehr gewinnen kann, ohne das zu merken – was die Motivation völlig zerstört. In Lab Rat gestatten wir es also, Blöcke von Wänden zu ziehen, über Blöcke zu klettern – und gewähren im Grunde genommen Raum zum Experimentieren, ohne Angst, dass man als Spieler stecken bleibt. Durch diesen Ansatz werden die Rätsel zugänglicher – vor allem für Spieler, die neu im Genre sind –, ohne dass sie weniger befriedigend sind. Außerdem führe ich alle paar Rätsel eine neue Spielmechanik ein, um die Dinge frisch und interessant zu halten. Auf diese Weise haben Spieler, wenn sie keinen Spaß an einer Rätselreihe haben, immer noch etwas Neues, auf das sie sich in naher Zukunft freuen können.
Wie viele Personen haben an dem Spiel gearbeitet?
Frey: Zu jedem Zeitpunkt gab es zwei Vollzeit-Entwickler und zwischen null und drei Auftragnehmer. Zuerst arbeitete ich in Vollzeit mit einem Puzzle-Designer, Lucas Le Slo, dann verließ er das Projekt und ich kollaborierte in Vollzeit mit meinem Programmierer und Schreibkollegen Ian Frey. Ich nahm auch zeitweilig Einzelpersonen unter Vertrag, die für zusätzliches Schreiben, Kunst, Soundeffekte usw. benötigt wurden. Wir sind ein ziemlich kleiner Betrieb, und ich bin die einzige Person, die in Vollzeit an Lab Rat gearbeitet hat.
Da Sie ja bereits an Projekten mit unterschiedlichem Umfang gearbeitet haben, darunter Titel wie BioShock Infinite und The Flame in the Flood, wie würden Sie die Fähigkeit der Unreal Engine beschreiben, die Entwicklung für Teams jeder Größe zu erleichtern?
Frey: Unreal eignet sich fantastisch für jedwede Teamgröße. Leistungsstarke und intuitive Grafikwerkzeuge sind von Vorteil, unabhängig davon, in welcher Größenordnung man arbeitet. Es ist großartig, einen Spezialisten in sein Studio aufzunehmen, der unmittelbar einen Beitrag zu einem Spiel leisten kann – es besteht keinerlei Notwendigkeit, jemanden erst mit den eigenen Werkzeugen und der eigenen Engine vertraut zu machen. Jeder, den man an Bord holt, kennt die Werkzeuge bereits! Außerdem ist die Portierung kostengünstiger und unkomplizierter: Es gibt Co-Entwicklungsstudios, die sich auf die Portierung von Unreal Engine-Spielen spezialisiert haben. So etwas ist unabhänig von jeder Teamgröße nützlich.
Gab es bestimmte Funktionen der UE5, die Ihnen während der Entwicklung aufgefallen sind?
Frey: Ich benutze Unreal, weil ich visuelles Skripting liebe. Das Prototyping von Spielen in Blueprint ist mein liebstes Hobby, und ich habe nicht vor, auf eine andere Art und Weise zu entwickeln. Wann immer die UE5 neue Funktionen erhält, schaue ich mir als Erstes an, was mit Bluetilities skriptbar ist – und wie erweiterbar die neuen Funktionen sind. Ich bin immer wieder positiv überrascht von dem, was ich entdecke!
Stimmt es, dass Sie (beinahe) jedem Charakter im Spiel Ihre Stimme geliehen haben? Wenn ja, wie hat Ihnen die Unreal Engine dabei geholfen, sie deutlich voneinander abzugrenzen?
Frey: Das stimmt! Jedem Charakter ist eine einzigartige Effektkette für Audioquellen zugeordnet. Diese Effektkette verändert meine Stimme in Echtzeit, um jeden Charakter unverwechselbar klingen zu lassen. Auf diese Weise konnte ich Lab Rat mit einem knappen Budget entwickeln – professionelle Synchronschauspieler standen bei meinem Budget außer Frage.